Verbreitete Irrtümer und Unkenntnis
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1. Der bisher vorherrschenden Meinung, ein Magnesiummangel komme
beim Menschen nur sehr selten vor, ist längst widersprochen:
Von Ehrlich (1997) hat bei seinem internistischen Patientengut in mehr als
10% der Fälle einen Magnesiummangel festgestellt.
Untersuchungen an 2929 Kindern zeigten, dass beim Vorliegen von
neurovegetativen Beschwerden und Neurasthenie 15% der Kinder eine
Hypomagnesiämie von <0,75 mmol/L Mg im Serum und weitere 24,9% der
Kinder eine Hypomagnesiämie von 0,76-0,79 mmol/L Mg im Serum aufweisen
(Schimatscheck et al. 1997). Mehr als 10% ist häufig.
2. Die bisher weitverbreitete Meinung, der Mg-Serumwert habe keinen
diagnostischen Wert, stützt sich auf einen niedrig definierten
Mg-Referenzbereich von 0,73-1,06 (Dörner 2000).
Der Referenzbereich für Mg-Mangel-freie Patienten beginnt aber erst
jenseits 0,8 mmol/L Mg (Llewelyn et al. 2006, Oxford Handbook of Clinical
Diagnosis) und reicht bis 1.3 mmol/L.
Übereinstimmend damit empfiehlt eine Expertenkommission der
Gesellschaft für Magnesiumforschung (Spätling et al. 2000),
die untere Grenze mit 0,8 mmol/L festzulegen.
Aus den Erfahrungen der SHO und ihrer betroffenen Mitglieder mit
Magnesiummangelsyndrom bzw. Magnesiummangeltetanie ist der untere Grenzwert
sogar 0,9 mmol/L.
Nur dann werden Patienten mit einer typischen Magnesiummangelsymptomatik
bei Mg-Serumwerten im Bereich von 0,7 bis 0,9 mmol/L nicht weiter als
ohne Befund deklariert und nicht mehr als gesund,
eingebildet erkrankt oder als Patienten mit einer
somatoformen Erkrankung entlassen.
3. Zur genetisch bedingten Regulation des Magnesiumhaushaltes,
insbesondere der Mg-Absorption im Darm und der Rückresorption in der
Niere, die die angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen verursacht,
gibt es neue Erkenntnisse (Weber und Konrad, 2002, Schlingmann et al. 2004).
Auf die Heredität des Mg-Mangels hat Fehlinger (1991) frühzeitig
hingewiesen, der damals die einzige universitäre spezielle
Tetaniesprechstunde in Deutschland abhielt.
In der Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen, die von Fehlinger 1990
mitbegründet wurde, sind viele Patienten organisiert, die bereits
jahrelang - und auch lebenslang - Magnesium in hohen oralen Dosen
(600-1500 mg Magnesium pro Tag) zu sich nehmen müssen,
um ihre klinischen Beschwerden zu beherrschen.
4. Typisches Symptom eines Magnesiummangels ist die gesteigerte
neuromuskuläre Übererregbarkeit mit tetanischen Zeichen
(Classen et al. 1986), die als Indikation zugelassen ist.
Die von der WHO empfohlene tägliche Dosierung von etwa 350 mg
Magnesium ist auch nach unseren Beobachtungen für Patienten mit
Magnesiummangeltetanie jedoch nicht ausreichend:
Etwa 0,1% der Bevölkerung benötigen sehr hohe zusätzliche
Mengen (z.B. 900-1200 mg Mg pro Tag,
im publizierten Einzelfall bis zu 20.000 mg),
1% benötigt hohe zusätzliche Mengen (z.B. 600-900 mg pro Tag),
10% benötigen eine zusätzliche Menge von 300-600 mg pro Tag.
Diese individuellen Unterschiede sind genetisch bedingt und beruhen auf
der unterschiedlichen Effektivität der beteiligten Transportproteine
(Liebscher und Liebscher 2002, 2004b, Liebscher 2005).
Es besteht kein Zweifel, dass unerkannter Magnesiummangel zu zahlreichen
Folgeerkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonie,
Diabetes mellitus, Migräne/Kopfschmerzen, Tinnitus, Depression, ADHS)
führen kann oder als Risikofaktor diese mitbedingt
(Liebscher und Liebscher 2004a, Seelig und Rosanoff 2003).
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