Magnesiumhgilfe: Poster, September 2004
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Poster zur 22. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente, 24.-25. September 2004, Jena, Deutschland

Die hereditäre Magnesiummangeltetanie ist eine angeborene Mg-Verlusterkrankung

Zur Genetik der Magnesiummangeltetanie des Erwachsenen als spät erkannte Form angeborener Magnesiumverlusterkrankungen

D.-H. Liebscher (Berlin), D.-E. Liebscher (Potsdam)

Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V.
Karl-Marx-Allee 3, 10178 Berlin
http://www.magnesiumhilfe.de/

Poster, Juni 2004

Bei der Neubestimmung der Erstattungsfähigkeit von Magnesium-Präparaten im Ausnahmekatalog für verordnungs- und erstattungsfähige nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel hat es der Gesetzgeber versäumt, die verwendeten Begriffe zu klären.

Die Magnesiummangeltetanie des Erwachsenen ist keine späte, sondern nur eine spät erkannte Form angeborener Magnesiumverlusterkrankungen. Die Mitglieder der wissenschaftlichen Fachgesellschaften sind aufgefordert, zur Klärung beizutragen, sich mit der Patientengruppe der Magnesiummangeltetaniker zu befassen und dabei an die bereits bekannten wissenschaftlichen Arbeiten anzuschließen.

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Das Problem

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Bei der Neubestimmung der Erstattungsfähigkeit von Magnesium-Präparaten im Ausnahmekatalog für verordnungs- und erstattungsfähige nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel hat es der Gesetzgeber versäumt, die verwendeten Begriffe zu klären. Orale Mg-Präparate bleiben erstattungsfähig, wenn es sich um angeborene Magnesiumverlusterkrankungen handelt, während parenterale Mg-Präparate nach wie vor bei nachgewiesenem Magnesiummangel und zusätzlich zur Behandlung bei erhöhtem Eklampsierisiko erstattungfähig eingesetzt werden dürfen.

Nicht einmal der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Richter-Reichhelm, 2004) will entscheiden, ob die Patienten mit Magnesiummangeltetanie zum Patientenkreis mit angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen gehören. Letztere kommen im ICD-Schlüssel, der nur die Tetanie (R29.0) und Mg-Mangel (E83.4) kennt, überhaupt nicht vor. Auf Anfrage der SHO beim G-BA, den Zusammenhang klarzustellen, schweigt dieser.

Feststellung

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Magnesiummangeltetaniker sind eine Untergruppe der Personen mit nachgewiesenem Magnesiummangel. Der Nachweis erfolgt mit der Symptomatik, dem Ausschluss anderer Ursachen, einem Serumtest und einem oralen Belastungstest.

Der Status angeboren ist aus der familären Häufigkeit abzuleiten, gerade das hat Fehlinger (1991) gezeigt. Spätestens mit der Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt (Weber und Konrad, 2002) wurde zur Kenntnis genommen, dass es verschiedene genetisch-bedingte Defekte gibt, die die intestinale Mg-Absorption oder die renale Mg-Rückresorption betreffen. Das haben Studien auf DNA-Ebene mit Probanden im Kindesalter festgestellt, wo die Fälle relativ symptomenstark und drastisch sind. Es ist geklärt, dass verschiedene genetisch veränderte Genprodukte zu einem Mg-Mangel führen. Deshalb ist anzunehmen, dass auch eine erst im Erwachsenenalter gestellte Diagnose Magnesiummangel auf der Veränderung unterschiedlicher Genprodukte beruht und die entsprechende Patientengruppe genetisch heterogen sein kann.

Der Status Magnesiumverlusterkrankung: Der Bedarf an Magnesium bei Magnesiummangeltetanikern liegt bei 600 - 1800 mg, d.h. über dem Bedarf Gesunder, aber unter dem Bedarf der extremen Fälle mit mehreren Gramm Magnesium (Liebscher und Liebscher 2002). Da keine Magnesiumspeicherkrankheit identifiziert werden kann, ist ein erhöhter Bedarf nur mit einem erhöhten Verlust erklärbar, und dieser kann intestinal oder renal bedingt sein. Die Magnesiummangeltetanie, die mit einer hohen Mg-Substitution erfolgreich behandelbar ist, beruht daher zwangsläufig auf einer Magnesiumverlusterkrankung.

Kritischer Serumwert

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Dunkelziffer des MMS ohne klinisch prominente Symptome
nachgewiesene Fehl-
diagnosehäufigkeit: 90%
nachgewiesene Fehl-
diagnosehäufigkeit: 50%
kein Fehler in der
gewählten Stichprobe
     
gefunden gefunden gefunden
mit der kritischen Mg2+-Serumkonzentration von
0.7 mMol/l
werden
37 von 366 gefunden
0.75 mMol/l
werden
183 von 366 gefunden
0.8 mMol/l
werden
366 von 366 gefunden

Abbildung: v. Ehrlich hat in einer Stichprobe von 366 Patienten mit klinisch festgestelltem Mg-Mangel-Syndrom den Serumwert bestimmt. Bei einem kritischen Wert von 0.75 mmol/l werden 50% der bereits klinisch Auffälligen nicht gefunden. Es ist unbestritten, dass bei einem Referenzwert von 0.75 mmol/l Mg im Serum die Hälfte der Mangelfälle nicht erfasst wird. Das heißt, dass der Median der Verteilung im Mangelfall bei 0.75 mmol/l Mg liegt. Legt man die gleiche Schwankungsbreite wie bei Gesunden zugrunde, muss für die Diagnose als

kritischer Wert 0.9 mmol/l Mg

verwendet werden: Gibt es Symptome des Magnesiummangels, dann kann dieser erst bei Serumwerten von über 0.9 mmol/l Mg ausgeschlossen werden.

Verspätete Diagnose

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Die Magnesiummangeltetanie des Erwachsenen ist keine späte, sondern nur eine spät erkannte Form angeborener Magnesiumverlusterkrankungen. Wenn im Kindesalter bei Symptomen wie unklare Oberbauchbeschwerden, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Unruhe bis hin zu einer ADHS-Symptomatik auch die Magnesiummangeltetanie differentialdiagnostisch abgeklärt würde, wären die Chancen einer frühzeitigen Erkennung dieser Erkrankung größer. Wird heute eine Diagnose im Erwachsenenalter gestellt, liegen die ersten Beschwerden oft bis zu 20 Jahre zurück. Es geht hier also um späte Erkennung, nicht um eine späte Form.

Forderung

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Die Mitglieder der wissenschaftlichen Fachgesellschaften sind aufgefordert, zur Klärung beizutragen, sich mit der Patientengruppe der Magnesiummangeltetaniker zu befassen und dabei an die bereits bekannten wissenschaftlichen Arbeiten (auch die von FEHLINGER) anzuschließen.

Literatur

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Zur Ausnahmeliste für erstattungsfähige nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel

  • Ausnahmekatalog (2004): Banz Nr. 77, 8905.
  • Fauk D. (2004): Persönliche Mitteilung über ein Schreiben des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Richter-Reichhelm, vom 15.06.2004.
  • Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V. (2004): www.magnesiumhilfe.de: Informationsblatt «Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen».

Zur Genetik des Mg-Mangels / Zu angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen

Intestinale Hypomagnesiämien

  • Becker K., Lombeck I., Bremer H.J. (1979): Primäre Hypomagnesiämie - Klinischer Verlauf, diagnostische und therapeutische Untersuchungen bei drei Kindern. Monatsschrift Kinderheilkunde 129, 37-42.
  • Paunier L., Radde J.C., Kooh S.W., Conen P.E., Fraser D. et al. (1968): Primary hypomagnesemia with secondary hypocalcemia in an infant. Pediatrics 41, 385-402.
  • Paunier L., Radde J.C., Kooh S.W., Fraser D. (1965): Primary hypomagnesemia with secondary hypocalcemia. J Pediatr 67, 945.
  • Salet J., Polonovski C., de Gouyon F., Peau G., Melekian B., Fournet J.P., Aymard P., Raynaud C., Vincent J. (1966): Tetanie hypocalcemique recidivante par hypomagnesemie congenitale. Arch. Franc. Pediatrie 23, 749-768.
  • Skyberg D., Stroemme J.H., Nesbakken R., Harnaes K. (1968): Neonatal hypomagnesemia with selective malabsorption, a clinical entity. Scand. J. Clin. Lab. Invest. 21, 356-363.
  • Schlingmann K.P., Weber S., Peters M. et al. (2002): Hypomagnesemia with secondary hypocalcemia is caused by mutations in TRPM6, a new member of the TRPM gene family. Nature Genetics 31, 166-170.
  • Von Harnack G.A., Koletzko B. (1997): Kalzium-, Phosphat- und Magnesiumstoffwechsel. Kinderheilkunde, 10. Aufl., Berlin et al., Springer, 175-176.

Renale Hypomagnesiämien

  • Cole D.E.C., Quamme G.A. (2000): Inherited Disorders of Renal Magnesium Handling. J. Am. Soc. Nephrol. 11, 1937-1947.
  • Konrad M., Weber S. (2003): Recent advances in molecular genetics of hereditary magnesium-losing disorders. J. Am. Soc. Nephrol. 14, 249-260.
  • Schlingmann, K.P., Konrad M., Seyberth H.W. (2004): Genetics of hereditary disorders of magnesium homeostasis. Pediatr. Nephrology 19, 13 - 25.

Kombinierte intestinale und renale Hypomangesiämien

  • Aries P.M., Schubert M., Müller-Wieland D., Krone W. (2003): Subkutane Magnesiumtherapie bei einem Patienten mit kombiniertem Magnesiumtransportdefekt. Dtsch Med Wschr 125, 970-972.
  • Geven W., Willems J, Monnens L.: Primary hypomagnesemia with a probable double magnesium transport defect. Nephron 55, 91.

Übersichten zu den Magnesiumverlusterkrankungen (intestinal und renal)

  • Meij I.W., Van den Heuvel L.P.W.J., Knoers N.V.A.M. (2002): Genetic disorders of magnesium homeostasis. BioMetals 15, 297-307.
  • Weber S., Konrad M. (2002): Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen. Dtsch. Ärzteblatt 99, 1023-1028

Zur Heredität und Familiarität des tetanischen Syndroms

  • Fehlinger R. (1991a): Zur Familiarität des tetanischen Syndroms. Magnes. Bulletin 13, 53-57.
  • Fehlinger R. (1991b): Das tetanische Syndrom, Verla-Pharm, Tutzing.
  • Liebscher D.-H., Liebscher, D.-E. (2000): Hereditäre Magnesiummangeltetanie - ein übersehenes Krankheitsbild. In: 20. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente (Jena), Schubert-Verlag Leipzig, 661-667.
  • Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V. (2004): www.magnesiumhilfe.de: Informationsblatt «Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen».
  • Shalev H., Phillip M., Galil A., Carmi R., Landau D. (1998): Clinical presentation and outcome in primary familial hypomagnesaemia. Arch. Dis. Child. 78, 127-130.

Zur Diagnostik des Magnesiummangels

  • Classen H.G., Achilles W., Bachem M.G., Conradt R., Fehlinger R., Goßmann H.H., Günther T., Münzenberg K.J., Paschen K., Schreiber G., Schroll A., Spätling L., Wischnik A., Zumkley H. (1986): Magnesium: Indikationen zur Diagnostik und Therapie in der Humanmedizin. Magnes. Bulletin 8, 127-135.
  • Dörner K. (2000): Magnesium (Mg). In: L. Thomas (Hrsg.), Labor und Diagnose, TH-Books Verlagsges. mbH, Frankfurt/Main, 5. erweiterte Auflage, 348-350.
  • Durlach J. (1992): Magnesium in der klinischen Praxis, Fischer-Verlag, Jena & Stuttgart.
  • Fehlinger R. (1980): Magnesium und tetanisches Syndrom. Magnes. Bulletin 1, 40-47.
  • Fehlinger R. (1991b): Das tetanische Syndrom, Verla-Pharm, Tutzing.
  • Holtmeier H.J. (1968): Magnesium. In: L. Heilmeyer und H.J. Holtmeier (Hrsg.), Ernährungswissenschaften, Thieme-Verlag, Stuttgart, 111-151.
  • Kisters K. (1998): Störungen des Magnesiumhaushaltes. Internist 39, 815-819.
  • Liebscher D.H., Liebscher D.E. (2001): Difficulties in diagnosis of magnesium deficiency by practitioners: The patients' view. In: Rayssiguier Y, Mazur A, Durlach J (eds), Advances in Magnesium Research: Nutrition and Health, 269-270.
  • Liebscher D.H., Liebscher D.E. (2003): About the misdiagnosis of magnesium deficiciency. Abstracts X. Int. Magnes. Sympos., Cairns, 64.
  • Spätling L., Classen H.G., Külpmann W.R., Manz F., Rob P.M., Schimatschek H.F., Vierling W., Vormann J., Weigert A., Wink K. (2000): Kardiovaskuläres Risiko korreliert mit Serummagnesium - Empfehlungen zur Diagnostik des Magnesiummangels. MMW - Fortschr. Med. 142, 441-442.
  • Von Ehrlich B. (1997): Magnesiummangelsyndrom in der internistischen Praxis. Magnes. Bulletin 19, 29-30.

Zur Magnesiumtherapie

  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Hrsg) (2003): Magnesiummangel, Hypomagnesiämie. In: Arzneiverordnungen, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 20. Auflage, 742-743.
  • Classen H.G., Achilles W., Bachem M.G., Conradt R., Fehlinger R., Goßmann H.H., Günther T., Münzenberg K.J., Paschen K., Schreiber G., Schroll A., Spätling L., Wischnik A., Zumkley H. (1986): Magnesium: Indikationen zur Diagnostik und Therapie in der Humanmedizin. Magnes. Bulletin 8, 127 - 135.
  • Fehlinger R. (1990): Therapy with Magnesium Salts in Neurological Diseases. Magnes. Bulletin. 12, 35-42.
  • Fehlinger R. (1991b): Das tetanische Syndrom, Verla-Pharm, Tutzing.
  • Liebscher D.H., Fauk D. (2000): Späte hochdosierte orale Magnesiumtherapie bei einer 83-jährigen Frau mit Magnesiummangeltetanie. Magnes. Bulletin 22, 100-101.
  • Liebscher D.-H., Liebscher D.-E. (2002): Zum individuellen Bedarf an essentiellen Stoffen - am Beispiel des Magnesiums. In: 21. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente (Jena), Schubert-Verlag Leipzig, 1309-1316.
  • Liebscher D.H. (2003): Selbstmedikation mit hochdosiertem Magnesium. In: Schmitt Y. (Hrsg), Ernährung und Selbstmedikation mit Spurenelementen. WVG Stuttgart, 75-86.
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2006-09-09