Magnesiumhilfe: Poster, Juni 2004

Poster zu den 33. Rostocker Gesprächen über kardiovaskuläre Funktion und Hypertonie, 26. Juni 2004, Rostock, Deutschland

Zur supportiven Magnesium-Therapie bei Bluthochdruck

D.-H. Liebscher (Berlin), D.-E. Liebscher (Potsdam)

Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V.
Karl-Marx-Allee 3, 10178 Berlin
http://www.magnesiumhilfe.de/

Poster, Juni 2004

Die Erfahrung der Selbsthilfeorganisation Mineralimbalancen e.V., die auch Mitglieder mit hereditärer Magnesiummangeltetanie (MMT) bzw. mit hereditärem Magnesiummangelsyndrom (MMS), einer Form der angeborenen Magnesiumverlusterkrankungen, einschließt, besteht darin, dass hoher Blutdruck, insbesondere stressbedingt, mit dem Magnesiummangelsyndrom vergesellschaftet vorkommt.

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Zwei Fallbeispiele

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In einem Fall bekam eine damals 83jährige Frau mit hereditärem Magnesiummangelsyndrom bereits über Jahre hohe Dosen orales Magnesium von ihrem Hausarzt verordnet. Während einer Hospitalisierung im Jahr 1997 aufgrund einer chronischen Bronchitis wurde das Magnesium abgesetzt, da die Klinik aufgrund eines Mg-Serumwertes von 0,8 mmol/l (während der Substitution) die Diagnose eines Magnesiummangelsyndroms anzweifelte. Diese Frau entwickelte daraufhin einen hohen Blutdruck, der mit Amlodipinbesilat behandelt wurde. Erhöhte Glukosewerte wurden als Diabetes mellitus diagnostiziert und mit Metformin behandelt. Gleichzeitig entwickelten sich schwere Nebenwirkungen dieser Arzneimittel und/oder eine erneute schwere Magnesiummangelsymptomatik aufgrund der fehlenden oralen Mg-Substitution. Nach Abbruch des Klinikaufenthaltes und erneutem Beginn der hochdosierten Magnesium-Substitutionstherapie mit 900 - 1200 mg Mg pro Tag bei schrittweisem Absetzen von Amlodipinbesilat und Metformin erholte sie sich wieder.

In einem anderen Fall entwickelte ein damals 52jähriger Mann, der jahrelang an berufsbedingten stressabhängigen starken Kopfschmerzen litt und diese regelmäßig mit Schmerzmitteln behandelte, einen hohen Blutdruck aufgrund einer extremen seelischen Belastung. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde mit einer hochdosierten oralen Magnesiumsupplementation (900 - 1500 mg Mg pro Tag) begonnen. Seit dieser Zeit vor 6 Jahren sind die regelmäßigen starken Kopfschmerzen verschwunden und der Blutdruck normal.

Beide berichteten Fälle gehören zu Familien mit einem diagnostizierten Magnesiummangelsyndrom. Auch bei der Analyse weiterer Familienanamnesen von diagnostizierten Magnesiummangel-Patienten wird gefunden, dass in vielen Fällen der Großvater oder die Großmutter oder die Eltern durch Schlaganfall oder Herzinfarkt verstorben sind. Eine Mg-Supplementation war jedoch in der Vergangenheit nicht erfolgt.

Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen

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Ein Merkmal des hereditären Magnesiummangelsyndroms oder der hereditären Magnesiummangeltetanie ist die intestinal oder renal verursachte Hypomagnesiämie als Ergebnis der Verluste während der Mg-Resorption im Darm bzw. der Rückresorption von Mg in der Niere. Für beide Fälle haben Weber & Konrad [2002] den Begriff Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen verwendet.

Eine systematische Untersuchung an Patienten mit der Diagnose einer hereditären MMT bzw. eines hereditären MMS hinsichtlich der Entwicklung von Bluthochdruck wurde bisher noch nicht berichtet, wird hier jedoch vorgeschlagen.

Praxisprobleme

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Ein häufiges Problem in der Praxis ist, dass das MMS

  • unzureichend erkannt und die klinische Gesamtsymptomatik zu wenig berücksichtigt wird
  • unzureichend diagnostiziert und Mg-Laborwerte zu selten bestimmt werden
  • fehlinterpretiert wird, weil die Norm- und Grenzwerte von Gesunden zu niedrig angenommen werden
  • genetisch nicht zugeordnet bzw. die Genetik des MMS nicht berücksichtigt wird sowie
  • unterdosiert supplementiert und die erforderliche hohe Dosis nicht konsequent anhand der verschwindenden Symptome titriert wird.

Bewertung des Serumgehalts an Magnesium

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Vor Beginn einer Hypertonie-Behandlung sollte geprüft werden, ob ein Magnesiummangel zugrunde liegt. In diesen Fällen ist eine Supplementation mit einem Dosisbereich von 600 bis 1500 mg Mg pro Tag vorzunehmen, die zu einem Serumwert von über 0,9 mmol/l Mg führt. Die Gesellschaft für Magnesium-Forschung e.V. hat bereits einen unteren Grenzwert von 0,8 mmol/l Mg angegeben, um kardiovaskulären Erkrankungen vorzubeugen [Spätling et al. 2000].

Bewertung des Semungehalts and Mg

Eine Studie von v.Ehrlich [Magnesium Bulletin 19 (1997), 29-30] hat festgestellt, dass wenigstens 50% der Mangelpatienten einen Serumgehalt von mehr als 0.75 mmol/l aufweisen. Daraus folgt: Das Konfidenzintervall (bei 95%) für den gesunden Mg-Spiegel mag bei 0.7 mmol/l beginnen, das heißt aber nicht, dass Werte über 0.7 mmol/l Mangel ausschliessen.

Mangel wird erst oberhalb 0.95 mmol/l zu 95% ausgeschlossen.

Genügend hohe Dosis

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Gerade die weiter oben beschriebenen Fallbeispiele zeigen, dass Studien mit einer oralen Dosis unter 600 mg Magnesium wenig wert sind, weil eine Dosis unter 600 mg zu niedrig ist, um signifikante Ergebnisse zu erhalten. Ein kritischer Punkt der MAGIC-Studie besteht darin, dass bei den rekrutierten Patienten keine Mg-Serumwerte bestimmt und deshalb keine entsprechenden Subgruppen gebildet wurden.

Daher sollte der Einfluss von relativ hohen Mg-Serumwerten (im oberen Drittel zwischen 0,96 und 1,1 mmol/l) im Vergleich zum unteren Drittel (0,76 - 0,85 mmol/l) des Normbereichs (0,76 - 1,1 mmol/l) auf die Reduzierung der Inzidenz von Bluthochdruck bzw. auf die Reduzierung des Auftretens von Herzinfarkt oder Schlaganfall untersucht werden. Wir vermuten, je höher die Mg-Serumkonzentration, desto niedriger ist die Inzidenz von Hypertonie, Herzinfarkt bzw. Schlaganfall, da der Magnesiummangel bei der Pathogenese primärer Hypertonie beteiligt zu sein scheint [Kisters et al. 2004]. Die mit hochdosiertem Magnesium supplementierten Patienten könnten aufgrund des diagnostizierten Magnesiummangelsyndroms als spezielle Subgruppe dienen.

Eine ergänzende Magnesiumtherapie mit oraler Mg-Substitution sollte der erste Schritt zur Behandlung von Hypertonie sein, da Magnesium kostengünstig und nebenwirkungsarm ist und - wie in mehreren Fällen gezeigt wurde - bereits als einzige Medikation ausreichend sein kann.

Literatur

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Zur Vergesellschaftung von MMS und Bluthochdruck:

  • American Heart Association (2003): Hypertension Primer. 3rd ed., 283-285.
  • Kisters K, Tokmak F, Hausberg M, Kosch M, Barenbrock M, Dietl KH (2004): New aspects of the role of magnesium in human hypertension. Trace Elem Elec 21: 122.
  • Sur G, Maftei O (2003): Role of magnesium in pathogenesis of essential hypertention. Abstracts 10th International Magnesium Sympos., Cairns, abstract 33.

Fallbeispiele

  • Liebscher D H, Fauk D (2000): Späte hochdosierte orale Magnesiumtherapie bei einer 83-jäahrigen Frau mit Magnesiummangeltetanie. Magnesium Bulletin 22: 100-101.
  • Liebscher D H, Liebscher D E (2001): About the consequences of untreated magnesium deficiency for developing diabetes mellitus - a case report. 7th European Magnesium Congress, Zaragoza, abstract.
  • Liebscher D H (2003): Selbstmedikation mit hochdosiertem Magnesium. In: Schmitt Y (Hrsg.): Ernährung und Selbstmedikation mit Spurenelementen. WVG Stuttgart, S. 75-86.

Magnesiummangeltetanie (MMT) und Magnesiummangelsyndrom (MMS)

  • Fehlinger, R. (1991a): Zur Familiarität des tetanischen Syndroms. Magnesium Bulletin 13: 53-57.
  • Fehlinger, R. (1991b): Das tetanische Syndrom. Verla-Pharm, Tutzing.
  • Liebscher D H, Liebscher D E (2000): Magnesiummangel-Tetanie - die übersehene Krankheit. In: 20. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente (Jena), Schubert-Verlag Leipzig, S. 661-667.
  • http://www.magnesiumhilfe.de: Informationsblatt "Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen"

Diagnostik

  • Classen H G, Achilles W, Bachem M G, Conradt R, Fehlinger R, Goßmann H H, Günther T, Münzenberg K J, Paschen K, Schreiber G, Schroll A, Spätling L, Wischnik A, Zumkley H (1986): Magnesium: Indikationen zur Diagnostik und Therapie in der Humanmedizin. Magnesium Bulletin 8: 127-135.
  • Durlach J (1992): Magnesium in der klinischen Praxis, Fischer-Verlag, Jena & Stuttgart.
  • Elin R J (1994): Magnesium: the fifth but forgotten electrolyte. Am J Clin Pathol 102: 616-622.
  • Fehlinger R. (1980): Magnesium und tetanisches Syndrom. Magnesium Bulletin 1: 40-47.
  • Holtmeier H J (1968): Magnesium. In: Heilmeyer L, Holtmeier H J (Hrsg): Ernährungswissenschaften. Thieme-Verlag, Stuttgart, S. 111-151
  • Kisters K (1998): Störungen des Magnesiumhaushaltes. Internist 39: 815-819.

Zum Magnesiumspiegel

  • Liebscher D H, Liebscher D E (2001): Difficulties in diagnosis of magnesium deficiency by practitioners: The patients' view. In: Rayssiguier Y, Mazur A, Durlach J (eds.): Advances in Magnesium Research: Nutrition and Health, pp 269-270.
  • Liebscher D H, Liebscher D E (2002): Zum individuellen Bedarf an essentiellen Stoffen - am Beispiel des Magnesiums. In: 21. Arbeitstagung Mengen- und Spurenelemente (Jena), Schubert-Verlag Leipzig, S. 1309-1316.
  • Spätling L, Classen H G, Külpmann W R, Manz F, Rob P M, Schimatschek H F, Vierling W, Vormann J, Weigert A, Wink K (2000): Kardiovaskuläres Risiko korreliert mit Serummagnesium - Empfehlungen zur Diagnostik des Magnesiummangels. MMW - Fortschr Med 142: 441-442.
  • Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Hrsg.) (2003): Magnesiummangel, Hypomagnesiämie. In: Arzneiverordnungen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 20. Auflage, 742-743.
  • Dörner K (2000): Magnesium (Mg). In: Thomas L (Hrsg.): Labor und Diagnose. TH-Books Verlagsges mbH, Frankfurt/Main, 5. erweiterte Auflage, 348-350.
  • Stelter F (2003): Magnesiumbestimmungen im niedergelassenen Routinelabor - Werteverteilung in verschiedenen Einsender- und Patientenkollektiven. Abstract, 24. Symposium der Gesellschaft für Magnesium-Forschung, Fulda.
  • Von Ehrlich B (1997): Magnesiummangelsyndrom in der internistischen Praxis. Magnesium Bulletin 19: 29-30.

Korrelation von Magnesiummangel unf Hypertonie

  • Liao F, Folsom A R, Brancati F L (1998): Is low magnesium concentration a risk factor for coronary heart disease? The atherosclerosis risk in communities (ARIC) study. Am Heart J 136: 480-490.
  • Chakraborti S, Chakraborti T, Mandal M, Mandal A, Das S, Ghosh S (2002): Protective role of magnesium in cardiovascular diseases: A review. Molec Cellular Biochem 238: 163-179.

Intestinale Hypomagnesiämien:

  • Becker K, Lombeck I, Bremer H J (1979): Primäre Hypomagnesiämie - Klinischer Verlauf, diagnostische und therapeutische Untersuchungen bei drei Kindern. Monatsschrift Kinderheilkunde 129: 37-42.
  • Paunier L, Radde J C, Kooh S W, Fraser D (1965): Primary hypomagnesemia with secondary hypocalcemia. J Pediatr 67: 945.
  • Salet J, Polonovski C, de Gouyon F, Peau G, Melekian B, Fournet J P, Aymard P, Raynaud C, Vincent J (1966): Tetanie hypocalcemique recidivante par hypomagnesemie congenitale. Arch Franc Pediatrie 23: 749-768.
  • Von Harnack G A, Koletzko B (1997): Kalzium-, Phosphat- und Magnesiumstoffwechsel. Kinderheilkunde, 10. Aufl., Berlin et al., Springer, 175-176.

Renale Hypomagnesiämien:

  • Cole D E C, Quamme G A (2000): Inherited Disorders of Renal Magnesium Handling. J Am Soc Nephrol 11: 1937-1947.
  • Konrad M, Weber S (2003): Recent advances in molecular genetics of heriditary magnesium-losing disorders. J Am Soc Nephrol 14: 249-260.

Kombinierte intestinale und renale Hypomangesiämien:

  • Aries P M, Schubert M, Müller-Wieland D, Krone W (2000): Subkutane Magnesiumtherapie bei einem Patienten mit kombiniertem Magnesiumtransportdefekt. Dtsch Med Wschr 125: 970-972.

Übersichten zu den Magnesiumverlusterkrankungen (intestinal und renal):

  • Meij I W, Van den Heuvel L P W J, Knoers N V A M (2002): Genetic disorders of magnesium homeostasis. BioMetals 15: 297-307.
  • Weber S, Konrad M (2002): Angeborene Magnesiumverlusterkrankungen. Dtsch Ärzteblatt 99: 1023-1028.
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09. 09. 2006